Jahresbericht 2023
AGV Nordostchemie & VCI Nordost
Sehr geehrte Damen und Herren,
gemeinsam haben wir im alles andere als einfachen Jahr 2023 viel bewegt. Wir, das ist eine starke Verbandsgemeinschaft. Wir, das ist aber vor allem auch eine Branche, die Herausforderungen annimmt und Veränderungen aktiv vorantreibt.
Und das Jahr 2023 stand ganz im Zeichen des Wandels. Einerseits machten besonders die hohen Energiepreise unserer Industrie zu schaffen und gingen nicht spurlos an unseren Unternehmen vorbei. Andererseits hat die chemisch-pharmazeutische Industrie einmal mehr bewiesen, dass sie auch in stürmischen Zeiten den Weg nach vorne geht und ihre ambitionierten Ziele nicht aus den Augen verliert. Zahlreiche zukunftsweisende Projekte und Investitionen zeugen davon.
Dieses Mindset, der lösungsorientierte Blick nach vorn zeichnet auch die Arbeit unserer Verbände aus. Zum einen befassen wir uns mit den für unsere Branche aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen, suchen nach Lösungen und bringen diese ein. Zum anderen handeln wir vorausschauend und proaktiv, um die Rahmenbedingungen für unsere Branche mitzugestalten und den Chemiestandort Ostdeutschland langfristig zu stärken.
Wir handeln zielgerichtet nach einem Plan, einer Strategie, die wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern erarbeitet haben. Und an dieser Strategie - NOC 2030 - orientieren sich unsere Verbandsarbeit und unsere Ziele. Die positive Resonanz unserer Mitglieder bestärkt und bestätigt unsere vielfältigen Aktivitäten, die sich an unseren Schwerpunktthemen, die von Energie- und Chemikalienpolitik über Nachhaltigkeit bis hin zu Tarifpolitik und Fachkräftesicherung reichen, ausrichten.
Die Lage unserer Branche ist nach wie vor sehr herausfordernd. Und in diesen bewegten Zeiten sind unsere Verbände mehr denn je gefragt und gefordert, die Unternehmen bei der Bewältigung der vielfältigen anspruchsvollen Themen schnell und fundiert zu unterstützen. Darauf konnten sich unsere Mitglieder 2023 verlassen und darauf können sie selbstverständlich auch zukünftig bauen: Wir stehen ihnen jederzeit zur Seite, sind am Puls der Zeit und vor allem auch an den richtigen Stellen. Wir gestalten gemeinsam die Zukunft unserer Industrie.
Ein großer Dank gilt unseren Vorständen, den Ehrenamtlichen in unseren Gremien sowie unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren unermüdlichen Einsatz. Wir werden auch weiterhin alles daran setzen, die Interessen unserer Mitglieder umsichtig und verantwortungsvoll zu vertreten.
DR. CHRISTIAN
MATSCHKE
Vorstandsvorsitzender
Verband der Chemischen Industrie, Landesverband Nordost
NORA
SCHMIDT-KESSELER
Hauptgeschäftsführerin
Nordostchemie-Verbände
JÜRGEN
FUCHS
Vorstandsvorsitzender
Arbeitgeberverband
Nordostchemie e.V.
Highlights 2023
Stimme in der Krise
Bewegte Zeiten
Zwischen Krisenbewältigung und Aufbruch
Das Jahr 2023 war für die chemisch-pharmazeutische Industrie vor allem ein Jahr der Herausforderungen. Globale Krisen mit sinkender Nachfrage, gestörte Lieferketten und allem voran hohe Energiekosten haben unsere Branche vor enorme Bewährungsproben gestellt und gingen nicht spurlos an uns vorbei.
Die Produktion und der Umsatz sind im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen, Unternehmen gerieten immer stärker in Schieflage. Hinzu kamen die überbordende Bürokratie, schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren und immer neue Regulierungen, die die Unternehmen ausbremsen oder durch drohende Pauschalverbote ganzer Stoffgruppen das Kerngeschäft bedrohen. Gleichzeitig stecken die Unternehmen in einem umfassenden Transformationsprozess, der mit massiven Investitionen verbunden ist.
Dialog auf allen Ebenen
Unsere politische Arbeit zeigt sich an vielfältigen Beispielen, die auf und hinter Bühne stattfinden. So waren wir unter anderem an der Vorbereitung des Chemiegipfels im Kanzleramt beteiligt. Darüber hinaus haben wir diverse Gespräche mit Abgeordneten auf Landes- und Bundesebene sowie mit Ministerien geführt. In diesen Gesprächen haben wir die für unsere Branche wichtigen Themen und Herausforderungen adressiert sowie uns in Gesetzesvorhaben eingebracht.
Hervorzuheben sind unser Parlamentarischer Abend in Dresden und der "Zukunftsdialog", bei dem wir gemeinsam mit dem Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt in deren Landesvertretung über Maßnahmen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Chemiestandorte in Sachsen-Anhalt diskutiert haben.
Immer häufiger werden die Weichen für unsere Industrie in Form von Regulierungen auf EU-Ebene gestellt. Aus diesem Grund haben wir im November 2023 mit den Wirtschaftsministerien aus Sachsen-Anhalt und Brandenburg sehr erfolgreich den 2. Ostdeutschen Europadialog zum EU-Green Deal veranstaltet.
"Droht Europa die Deindustrialisierung?" war die Leitfrage in Brüssel. Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Landes- und Europapolitik diskutierten über die aktuelle Situation und die Zukunft der Industrie. Einigkeit herrschte über die kritische Situation und die Notwendigkeit einer aktiven, praxisorientierten Industriepolitik. Wettbewerbsfähigkeit und Deregulierung sind hier die Schlagworte.
Aktuelle Themen und Herausforderungen aus der Unternehmenspraxis haben wir zudem gemeinsam mit unseren Unternehmen beim 2. und 3. Round Table Chemie Sachsen oder auch einem Werkstattgespräch "Klimaschutzpotentiale von CCS/CCU in Sachsen-Anhalt" behandelt. Des weiteren veranstalteten wir einen Workshop zum Projekt "CapTransCO2" gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt und den beiden IHK des Landes Sachsen-Anhalt.
Eine wichtige Grundlage für unsere Verbandsarbeit sind der Austausch und die Impulse in unseren Arbeitskreisen "Umwelt, Technik und Energie", "Gefahrgut, Logistik und Verkehr" und "Forschung und Innovation“.
Transformation aktiv gestalten
Das Jahr 2023 stand für unsere Branche und die Verbandsarbeit mehr denn je im Zeichen der Transformation, insbesondere der grünen Transformation. Die Industrie, allen voran die Chemie, hat sich längst auf den Weg gemacht, ihre Produktionen und Produkte zukunftsfähig zu gestalten – effizient und nachhaltig. Die grundlegende Umstellung der Energie- und Rohstoffbasis, der Produktionsprozesse und der Wertstoffkreisläufe hin zu einer effizienten und resilienten Kreislaufwirtschaft auf Basis erneuerbarer Energieträger stellt die Unternehmen vor enorme Herausforderungen.
Es gibt viele richtungsweisende Projekte – von Grünem Wasserstoff bis hin zu Chemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen. Es wird aber auch immer deutlicher, dass für das Gelingen der Transformation und zum Erreichen der ambitionierten Ziele die Rahmenbedingungen stimmen müssen: neben wettbewerbsfähigen Energiepreisen braucht es Technologieoffenheit in allen Bereichen, ein schnellen Hochlauf bei Wasserstoff unter Berücksichtigung wichtiger Industriestandorte abseits des Kernnetzes und vor allem weniger Regulierung und Verbote, dafür mehr Vertrauen in die Innovationskraft der Unternehmen.
Denn Innovationen sind ein entscheidender Erfolgsfaktor, um die gesellschaftlichen Herausforderungen der Transformation zur Klimaneutralität zu bewältigen. Chemische Produkte und Verfahren sind Teil der Lösung und nicht des Problems. Innovative und nachhaltige Lösungen für die Energiewende im Industriemaßstab sowie Modellprojekte für den Strukturwandel in Mitteldeutschland wurden auf dem 9. Innovationskongress des VCI Nordost an der Technischen Universität Dresden vorgestellt.
Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Industrie präsentierten bahnbrechende Technologien und Produkte aus den Bereichen Wasserstoff, Kreislaufwirtschaft, Energiespeicher, Batterien und viele mehr.
Gemeinsam mit uns saßen und diskutierten junge Menschen mit leuchtenden Augen – sie waren begeistert von den Innovationen unserer Branchen. Und wir als Branche brauchen kluge Köpfe, um die Innovationen für den Wandel zur treibhausgasneutralen Industrie zu erreichen. Es gilt nun, dass der Wandel Schritt für Schritt Realität wird.
Pharma im Fokus
Im Bereich Pharma fanden Austausche mit der Politik auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene statt. Zudem wurde das Format Pharmadialog zu den Themen "Strom- und Gaspreisbremse" sowie "Härtefallhilfen KMU Energie" auf Arbeitsebene fortgesetzt. In verschiedene Pharmadialoge auf Landesebene brachte der Verband seine Positionen und Expertise ein.
Highlight der Aktivitäten war das eigene Panel "Pharmastandort Ostdeutschland" im Rahmen des Ostdeutschen Wirtschaftsforums (OWF23), für das wir Carsten Schneider, Staatsminister im Kanzleramt und Beauftragter für Ostdeutschland, gewinnen konnten. In seinem Impuls betonte er, dass die Pharmaindustrie nicht nur eine lange Tradition in Ostdeutschland habe, sie sei auch ein Garant für eine sichere und hochwertige Produktion, stehe für Innovationen, biete gute und sichere Arbeitsplätze.
Im Nachgang des Panels haben wir ein Positionspapier veröffentlicht, das die Kernforderungen für einen gesunden Pharmastandort skizziert: Entwicklung von Arzneimitteln fördern, Gesundheits- und Industriepolitik zusammendenken, Stärkung des Industriestandorts durch EU-Vorhaben mit Augenmaß.
Nachhaltigkeit als Standard
Chemie und Nachhaltigkeit: Wie passt das zusammen?
Chemie und Nachhaltigkeit: Wie passt das zusammen? Wer unsere Branche kennt, weiß: Es ist eine untrennbare Verbindung. Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil des unternehmerischen Handelns in der chemisch-pharmazeutischen Industrie – und das seit Jahrzehnten. Ohne die Produkte und Innovationen der Chemie gäbe es keine nachhaltigen Lösungen.
In einem ganzseitigen Beitrag in der ZEIT im Osten zeigten wir ganz konkret, wie Chemie und Nachhaltigkeit zusammenhängen und in unserem Alltag sichtbar werden. Die wichtigste Botschaft: Der entscheidende Faktor für die grüne Transformation sind die handelnden Menschen, die mit ihren Green Skills das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben.
Zukunft gestalten: Nachhaltig handeln, Verantwortung übernehmen
Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist sich schon lange ihrer Verantwortung bewusst. Sie hat beispielsweise ihre Energieeffizienz in den letzten Jahrzehnten erheblich gesteigert. Beim Responsible-Care-Wettbewerb wurden 2023 Ideen und Projekte für den nachhaltigen und sparsamen Umgang mit Energie gesucht.
Als Landessieger in Nordost wurde die Wacker Chemie AG, Werk Nünchritz mit dem Projekt "Fliegend leicht Wärmeverluste minimieren" ausgezeichnet: Mit Wärmebildkameras ausgerüstete Drohnen spüren in Nünchritz Wärmeverluste an Außenbauteilen auf. Die gesammelten Daten werden von einem Projekt-Team analysiert, geeignete Maßnahmen zur Reduktion der Wärmeverluste erarbeitet und anschließend strategisch in einer Roadmap umgesetzt. Zudem wurde die Leuchtstoffwerk Breitungen GmbH für ihr Projekt "Optimierung der Heizparameter zur Herstellung von medizinisch relevanten UV-Leuchtstoffen" mit dem Sonderpreis für den Mittelstand geehrt.
Marktplatz, der gute Ideen zusammenbringt
Auf Mitinitiative des VCI Nordost fand erstmalig ein Responsible-Care-Workshop statt. Die Idee war: regional ausgezeichnete Ideen zentral zusammenbringen und in einem angemessenen Rahmen vorstellen. RC-Teilnehmende aus ganz Deutschland kamen in Frankfurt zusammen, um miteinander ihre Best-Practice-Beispiele zu teilen. Die Veranstaltung stieß auf so viel positive Resonanz, dass sie im nächsten RC-Wettbewerb eine Fortsetzung finden soll.
Fit für Nachhaltigkeit im Unternehmen
Unser Anliegen ist es, die Unternehmen über die verschiedenen Anforderungen und Regulatorien im Bereich Nachhaltigkeit zu informieren und zu beraten. Unser FORUM NORDOSTCHEMIE 2023 stand ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. "Wo stehen wir? Wohin geht die Reise? Welche Unterstützung können Verbände beim Thema Nachhaltigkeit leisten?" waren die Leitfragen, die sich durch Impulse und Diskussionen zogen.
Ein breites Themenspektrum von den Herausforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung über den Erfolgsfaktor "Green Skills" bis hin zur Etablierung und Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Chefetage beleuchtete verschiedenste Aspekte, die Unternehmen berücksichtigen müssen, um eine ganzheitliche und effektive Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln und zu implementieren.
Im Rahmen unserer Mitgliederversammlungen fand ein fachlicher Austausch zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) statt. Bei der lebhaften Diskussion wurde deutlich, welche tiefgreifenden Folgen das Gesetz für die Unternehmen mit sich bringt und welche enormen Unsicherheiten es in den Betrieben hervorruft. Unsere Zielsetzung zur Verstetigung des Austauschs zum LkSG stieß bei den Unternehmen auf große Zustimmung.